Wir alle kennen die gängigen Gerichte der arabischen Küche, die schon längst in unseren Ess- und auch in meinen ganz persönlichen Kochalltag eingezogen sind. Mit ein bisschen Glück sind sie hierzulande auch in manchen Restaurants in zufriedenstellender Qualität zu bestellen, die da sind – Hummus, der feine Dip aus Kichererbsen und Sesampaste, frisch-knusprige Faldenbrote, die Verwendung von Auberginen bis zum Abwinken usw. Letztens blättere ich wieder mal im Buch “Libanesisch kochen” von Ghillie Basan. Die Rezepte und Bilder sind immer wieder ein Augenschmaus. Und dann taucht auf Seite 84 unvermittelt und ohne Vorwarnung eine Frage auf – was bitte ist mit Fisch in der arabischen, türkischen, persischen Küche?

Der Libanon liegt bekanntlich am Mittelmeer. Deshalb liegt eine traditionelle Fischküche Marke 1001er Nacht doch nahe? Erst als ich das Buch in die Hände nehme, wird mir erstmals so richtig bewusst, dass ich während meiner Reisen in muslimischen Ländern mit Meereszugang, an der Küste nie Fisch gegessen habe. Das höchste der Gefühle – sehr einfach, aber zugegeben auch gut – war ein frischer, direkt auf dem Fischerboot gebratener Fisch an Istanbul’s Bosporus, eingeklemmt in ein Brötchen. An der Schiffsanlegestelle Eminönü findet man jeden Abend diese Boote. Balik ekmek heissen die Fischbrötchen dort und ich hätte wahrscheinlich nie eines gegessen, wäre ich eines Vormittags nicht Monica über den Weg gelaufen. Sie kommt mir an der Kassa in der Istanbuler Zisterne, Yerebatan Sarnici zu Hilfe, als ich mich mit den türkischen Lire verheddere und mit dem Kassier beinahe in die Haare gerate. Als alles wieder entwirrt ist, unterhalten Monica und ich uns beim Durchwandern einer der meistbesuchten Istanbuler Sehenswürdigkeiten und sie erzählt mir ihre Geschichte. Sie kommt aus Polen. Eines Tages hört sie in dem Warschauer Plattenbau in dem sie wohnt, aus einer Nachbarswohnung ein Lied – “Kiss, Kiss” des türkischen Popstars Tarkan Simarik. Das Lied nimmt sie gefangen. Monica beschliesst türkisch zu lernen, setzt ihr Vorhaben in die Tat um, fährt nach Ankara und lernt die osmanische Sprache. Manchmal ist es so einfach. Solche Geschichten gefallen mir. Wieder draussen am Tageslicht fragt sie mich, ob ich die Fischbratereien an der Schiffsanlegestelle Eminönü kenne. Nein, tue ich nicht. Wir verabreden uns für den Abend und so esse ich das erste und bisher letzte Mal Fisch in einem muslimischen Land mit Meeresanschluss.

Zurück auf Seite 84. Dort springt mir das Forellenrezept mit Sa’atar buchstäblich entgegen. Die Gewürzmischung Sa’atar (Zatar)) ist mir bekannt – eine Mischung aus Thymian, Sumac und geröstetem Sesam. Wahlweise auch mit Salz. Sumac ist die vermahlene Steinfrucht eines kleinen Baumes, der hauptsächlich in der Türkei, in Arabien und im Iran wächst. Das gewonnene Pulver schmeckt angenehm säuerlich und frisch. Das muss ich ausprobieren! Zuerst bin ich zwar ein bisschen skeptisch. Fisch ist eine delikate Angelegenheit und ob es wirklich so gut passt? Meine Bedenken sind unbegründet. Ganz im Gegenteil. Ich würze die Forelle ziemlich grosszügig mit Sa’atar (auch wenn man das auf dem Bild nicht sieht). Sie ist und bleibt geschmacklich eine Forelle. So fein und zurückhaltend ist das Gewürz. Die Sa’atar-Forelle gab es in kurzer Zeit bereits zwei Mal.

FORELLE MIT SA’ATAR – Rezeptquelle: “Libanesisch kochen”, Ghillie Basan, Seite 84
Zutaten für 2 Personen
•Saft von 1 Zitrone
•2 Knoblauchzehen zerdrückt
•2 Forellen, ausgenommen und gesäubert
•1 TL Sa’atar – ich habe etwas mehr genommen. Sa’atar bekommt man im türkischen Lebensmittelgeschäft, kann man aber schnell und gut selber machen: 3 Teelöffel getrockneter Thymian, 1 Teelöffel Sumac – ebenfalls im türkischen Lebensmittelgeschäft erhältlich und 1 Teelöffel gerösteten Sesam in einem Mörser fein vermahlen, bis es ein grobes Pulver ist. Ich habe 1 Teelöffel Maldonsalz dazugegeben und dafür das Salz für das Würzen der Forelle vor dem Anbraten weggelassen. Ausserdem habe ich etwas mehr Sa’atar gemörsert. Es schmeckt gut auf Salat und auf geröstetem Weiss- oder Fladenbrot

•Zitronenscheiben zum Servieren
•Salz (nur wenn man das Salz in der Sa’atar Mischung weglässt) und frisch gemahlene rosa Pfefferbeeren
•Butter zum Anbraten

1.Zitronensaft und Knoblauch in einer Schüssel vermengen
2.mit einem scharfen Messer den Fisch beidseitig mit drei diagonalen Schnitten versehen. Innen und aussen mit den gemahlenen roten Pfefferbeeren einreiben und gegebenenfalls salzen, wenn in der Sa’atar Mischung kein Salz ist

3.eine Pfanne mit Butter erhitzen – mir schmeckt Butter zum Anbraten von Fisch am Besten. Man kann natürlich auch ein anderes Fett oder Öl seiner Wahl verwenden
4.die Forellen auf einer Seite mit Zitronensaft bepinseln und mit dieser Seite in die Pfanne mit der heissen Butter legen. Die Oberfläche der Fische mit dem restlichen Zitronensaft bepinseln und ca. 4 Minuten auf jeder Seite braten – je nach Grösse der Fische. Die Forellen dabei nur einmal wenden!
5.Die Fische auf die Teller geben, mit Sa’atar bestreuen und mit den Zitronenscheiben garnieren – ich habe die Forellen vor dem Anbraten innen bereits mit Sa’atar gewürzt